Die erste Woche
Heute Vormittag hat unsere Fähre „Norröna“ Island erreicht. In einem kleinen Dorf, ganz im Osten der Insel hat sie angelegt. Seydisfjordur (ich erspare mir die Sonderzeichen, mit denen die isländischen Wörter gespickt sind, da ich weder weiss wie man sie ausspricht, noch wie sie auf der Tastatur meines Laptops zu finden sind).
Seit unserer Abfahrt in der Schweiz ist bereits eine Woche vergangen. Die Fahrt nach Hamburg ist für uns Routine. Die Plätze für die Nacht in Neckarsulm, Göttingen und Artlenburg an der Elbe sind uns bekannt, ruhig und zweckmässig. Mit zwei weiteren Zwischenstopps, kurz vor der dänischen Grenze und östlich von Randers, erreichen wir Hirtshals, ganz im Norden von Dänemark, dem Ausganspunkt für die Fahrt mit der Fähre nach Island.
Die drei Tage und Nächte auf der Fähre geben uns Gelegenheit abzuschalten, auszuruhen und uns mental auf die acht kommenden Wochen in Island vorzubereiten. Das moderne und komfortable Schiff der „Smyril-Line“ bietet im Vergleich zu anderen Fährerfahrungen gutes Essen, saubere grossräumige Kabinen und eine grosse, zum Verweilen ausgelegte Lounge auf dem zehnten bzw. obersten Deck. Von dort aus hatten wir das Glück, für einen kurzen Moment drei Schwertwale zu beobachten, die knapp dreissig Meter neben dem Schiff an der Wasseroberfläche ihre Runden drehten. Ergreifend majestätisch, ein flüchtiger Moment für die Ewigkeit.
Nach zwei relativ ruhigen Tagen auf See, nutzen wir den vierstündigen Zwischenhalt auf den Färöer-Inseln für einen Landspaziergang im malerischen Hauptort Torshaven. Kleine Häuser mit grasbewachsenen Dächern zieren die überschaubare Altstadt. Weiter oben am Hügel thront das färöerische Fussballstadion, in dem sich schon manche europäische Fussballnation die Zähne an den hiesigen Amateuren ausgebissen hat. Eigentlich kein Wunder bei dem Wetter, das wir während unseres Aufenthalts erlebt haben. Die einzig Konstante war der Wind aus allen Richtungen. Dann innerhalb von wenigen Minuten Sonne, Regen, Wolken, keine Wolken, wieder Regen - dann nur kurz, kaum mehr als einhundert Tropfen, wieder Regen.
Bei der Weiterfahrt mit unserer „Norröna“ in Richtung Island meinte es die See weniger gut mit uns. Vier bis sechs Meter hohe Wellen forderten einiges an Standfestigkeit. Die Frequenz der Passagiere in den Gängen und in den Restaurants hatte merklich abgenommen. Bei unserem obligaten - und diesmal einsamen - Rundgang nach dem Abendessen im Aussenbereich des neunten Decks, spürten wir die geballte Kraft der Natur. Der harte Wind, die wilden Wellen, die weisse Gischt und die heftigen Vor- und Seitwärtsbewegungen der Fähre gaben uns klar zu verstehen wie klein und unwichtig wir sind.
Spät in der Nacht beruhigte sich das Geschehen draussen im Meer und damit war drinnen in der Kabine an etwas Schlaf zu denken.