Bauboom und Hautkontakt

14 Tage und 3326 Km ist es her, seit wir Peking westwärts verlassen haben. Immer wieder durchfahren wir riesige Städte, deren Namen wir zuvor nie gehört haben, schwer auszusprechen sind und kaum Spuren in unserem Gedächtnis hinterlassen (z.B. Pingliang, Datong, Xiahe, Jingtai, Yongchang oder Zhangye, wo wir gerade stehen). Städte mit riesigen Wohnblöcken, 20 -30 Stockwerke, viele noch im Bau, viele noch leer. Es scheint, jede verfügbare Kraft und jede verfügbare Maschine in China ist mit dem Bau von Häusern, Kraftwerken, Staudämmen, Fabriken und vor allem Strassen beschäftigt. Der Strassenbau gleicht einem Wettrüsten. Nicht etwa, dass bestehende Strassen ausgebaut werden. Nein, es werden parallel dazu neue gebaut, vierspurig – mindestens. Zu jeder Sehenswürdigkeit (und davon gibt es viele), zu jedem Tempel, zu jeder Grotte ein Highway, vor Ort ein Besucherzentrum, ein Megaparkplatz, ausgelegt für tausende von Besuchen, vor allem Touristen aus China. Und die erleben wir sprichwörtlich hautnah. Denn alle Sehenswürdigkeiten sind überfüllt mit Besuchern, überall ein Gedränge. Dazu kommt, wie bereits beschrieben, ihre Selfie-Manie. Ich weiss jetzt, wie sich ein Film- oder Sportstar fühlen muss (oder ein Tier im Zoo). Ständig ist ein Handy auf uns gerichtet. Wir „Langnasen“ sind eine Attraktion. Immer wieder stellt sich jemand ungefragt neben uns und knipst sich zusammen mit uns. Manchmal nervig, oft aber lustig - ein Gespräch daraus entwickelt sich leider nie. Zu gering sind ihre Englischkenntnisse. Auf dem gleichen Niveau wie unser Chinesisch. So bleibt es beim Austausch von nonverbalen Freundlichkeiten und - herzlich lachen hilft immer.

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